Wohin gehen unsere Mitarbeiter? Wie finde ich geeignete Kräfte? Diese Frage scheint im Moment eine…
Trennungsvereinbarung verhandeln: Meine wichtigsten Empfehlungen
Ich bin immer wieder überrascht über die Art und Weise, wie eine Vielzahl von international agierenden und renommierten Firmen das Thema Trennungsmanagement von Mitarbeitern angehen. Gerade wurde ich wieder Zeuge über die Distanz eines solchen Trennungsprozesses in meinem erweiterten Umfeld. So sehe ich leider meine Ansicht bestätigt, dass es in diesem Bereich echten Optimierungsbedarf bei einigen Firmen gibt.
Aus Sicht eines Verhandlungsexperten stellt schließlich das Trennungsmanagement die Vorbereitung und Rahmensetzung für die nachfolgend ggf. notwendige Verhandlung von Trennungsvereinbarungen dar.
Zugegeben, das Thema ist eines der schwierigsten, gerade vor dem Hintergrund des mit einem speziellen Arbeitsrecht in Deutschland, trotzdem jedoch kein Hexenwerk.
Eine Umfrage, die ich kürzlich auf LinkedIn gemacht habe, zeigte, dass aus Sicht der Personalverantwortlichen die Verhandlung von Trennungsvereinbarungen als die herausfordernste Art von Verhandlung gesehen wird. Wenn Sie diese, keineswegs repräsentative, Umfrage nachlesen wollen, folgen Sie dem nachfolgenden Link:
Heute möchte ich hier zumindest meine wichtigsten Empfehlungen für ein professionelles Trennungsmanagement aus Sicht der involvierten Führungskräfte und Personalverantwortlichen darstellen.
Machen wir uns bewusst, warum das Thema einerseits so schwierig anderseits so wichtig ist:
Für alle involvierten Parteien ist die grundlegende Situation unangenehm.
Der/die Mitarbeitende verliert den Job, was selten eine gute Nachricht ist, und Menschen nicht nur in emotionalen Stress sondern ggf. in finanzielle Notlagen versetzt. Gleichzeitig wird mit einer Kündigung ausgedrückt, dass er / sie als Person nicht mehr gewünscht oder gebraucht wird. Das ist jedenfalls regelmäßig das Empfinden der betroffenen Personen.
Niemand hört das gern…
Für die Personen, die eine Kündigung aussprechen und eine Aufhebungsvereinbarung verhandeln muss, liegt die Schwierigkeit auf zwei Ebenen:
Einerseits gibt es die emotionale Ebene, also das Mitgefühl mit den Betroffenen, und die Schwierigkeit mit aufkommenden Emotionen (eigenen und fremden) umzugehen.
Andererseits sollen materielle Ziele erreicht und wichtige Interessen gewahrt werden:
- Minimierung des finanziellen Aufwandes für die Trennung vom Mitarbeitenden (Abfindung)
- Keine Gefährdung des betrieblichen Gleichgewichts
- Vermeidung von Reputationsschäden intern wie extern (Employer Branding)
Gutes Trennungsmanagement ist die beste Vorbereitung für die Verhandlung
Bekanntlich ist eine gute Vorbereitung entscheidend, um gute Verhandlungsergebnisse zu erreichen. Umso erstaunlicher, dass für die Vorbereitungen zu Verhandlungen von Trennungsvereinbarungen und Aufhebungsverträgen immer wieder so viele grobe handwerkliche Fehler gemacht werden.
Sehen wir uns also an, welche Gedanken Sie sich machen sollten, wenn sie sich von Mitarbeitenden trennen möchten. Betrachten Sie meine Punkte auch gerne als Checkliste in dieser Hinsicht.
Phase der Entscheidungsfindung:
Sichern Sie sich die Unterstützung entsprechender Experten. In jedem Fall werden sie juristische Unterstützung, Wissen um das deutsche Arbeitsrecht und verhandlerische Kompetenz an ihrer Seite benötigen. Nicht notwendigerweise verfügt eine Person über beide Kompetenzen in ausreichendem Maße. Denken Sie daran:
In keinem anderen Bereich von Verhandlungen wird so stark eine Kombination von Empathie und emotionaler Intelligenz einerseits und Ziel-Orientierung im Sinne einer Strategie andererseits benötigt.
Vor der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses klären und sondieren Sie unbedingt folgende Sachverhalte:
- Was sind die operativen Auswirkungen, wenn der Mitarbeiter zukünftig fehlt bzw. das Unternehmen verlässt?
- Bedenken Sie dabei auch die Auswirkungen innerhalb der Fachbereiche und auf der Kundenseite sowie ihre Reputation als Firma im Markt.
- Gäbe es alternative Einsatzmöglichkeiten für die Person im Unternehmen?
- Ist eine betriebsbedingte Kündigung argumentierbar?
- Muss eine Sozialauswahl und ggf. eine Betriebsratsanhörung eingeplant werden?
Oder eine separate Betriebsvereinbarung bzw. ein Sozialplan verhandelt werden? - Gibt es ein für die Maßnahme ausreichend grosses Budget?
- Was ist der Status des Mitarbeitenden hinsichtlich schützenswerter Eigenschaften (z.B.: Alter, soziale Aspekt, Behinderung) oder besteht kein / erweiterter Kündigungsschutz aus anderen Gründen (Größe der Organisation, Betriebsrats-Tätigkeit)?
- Liegt eine Organschaft oder leitende Funktion vor?
Nachdem die Entscheidung gefallen ist, sollten Sie mögliche Fehler in den nachfolgenden den Schritten des weiteren Prozesses vermeiden. Meine Tipps:
Kündigungsschreiben:
Überprüfen Sie, die Kündigungsfrist einer gesetzlichen Verlängerung jenseits des vereinbarten Vertragsinhaltes unterliegt (z. B. über die Dauer der Betriebszugehörigkeit)
Kündigen Sie hilfsweise zu einem nächstmöglichen Termin.
Bedenken Sie mögliche Wirkungen der Kündigung auf einzelne Rechte, Pflichten und Klauseln des Arbeitsvertrages, wie z.B. ein darin enthaltenes Wettbewerbsverbot
Weisen Sie ggf. auf weiterhin (innerhalb der Kündigungsfrist) bestehende Rechte und Pflichten hin.
Ein Hinweis auf Meldung beim Arbeitsamt als arbeitssuchend ist in der Regel empfehlenswert.
Die Angabe eines Kündigungsgrundes empfiehlt sich meist nur bei betriebsbedingten Kündigungen, dann ggf. mit Hinweis auf eine vorgenommene Sozialauswahl und Betriebsratsanhörung.
Meeting zur Übergabe der Kündigung:
Ich empfehle, diese Art Meeting kurz zu halten, und sicher zu stellen, dass die Botschaft (Kündigung des Arbeitsverhältnisses) klar, und beim Betroffenen angekommen ist.
Kommen Sie am besten ohne große Umschweife auf den Punkt und übergeben Sie das Kündigungsschreiben im Meeting.
Lassen Sie sich den Empfang quittieren.
Sollte ein persönliches Meeting nicht möglich sein, stellen Sie eine fristgerechte, dokumentierbare Zustellung sicher. Anmerkung: Sie ahnen nicht, was hier in der Praxis schon -mit fatalen finanziellen Folgen- schiefgelaufen ist.
Stellen Sie auch sicher, dass die Person, der gekündigt wurde, emotional zumindest so stabil ist, dass kein unmittelbarer Zusammenbruch droht.
Ein erstes Angebot für einer Aufhebungsvereinbarung (mit oder ohne Fristen und Summen) kann auch in diesem Termin unterbreitet werden, sollte aber in keinem Fall bei dieser Gelegenheit verhandelt werden.
Freistellung der betroffenen Person:
Besonders in Funktionen mit direktem Kundenkontakt, in sicherheitsrelevanten Bereichen und bei Führungskräften wird die betroffene Person ab einem bestimmten Zeitpunkt von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. In der Regel wird dies schriftlich als Teil des Kündigungsschreibens oder separat ausgesprochen.
In diesem Zusammenhang sind die Klärung der Widerruflichkeit, Recht und Pflichten des Arbeitnehmenden sowie Timing, Umfang und Form notwendiger Übergaben zwingend zu regeln. Für die letztgenannten Inhalte wird hier im Regelfall eine mündliche Abrede genügen.
Vergessen Sie dabei nicht: Wer darf mit welchem „Text“ oder „Narrativ“ wen (Kunden/Kollegen, Partner) informieren?
Bis dato ging es „nur“ um die Rahmensetzung für das, was für die meisten der Kern ist, nämlich die Verhandlung einer Trennungs- oder Aufhebungsvereinbarung. Sie sehen aber schon hier, dass ggf. eine Vielzahl von Eckpfeilern bereits gesetzt wurden.
Trennungsvereinbarung verhandeln: Spezielle Dynamiken
Grundsätzlich gelten für die Verhandlung einer Trennungs- oder Aufhebungsvereinbarung die handwerklichen Regeln und Empfehlungen wie für jede andere Verhandlung. Allerdings kommen ein paar spezielle Dynamiken hin zu, die Sie im Visier haben sollten:
Erste Angebote und Referenzen sind im Regelfall nicht das letzte Wort, und sind hier über den Kündigungsprozess selbst wie beschrieben, bestehende Rahmenvereinbarung oder andere Vergleiche zu verifizieren.
Die gerichtliche / außergerichtliche Dynamik ist in diesem Fall natürlich speziell, da ein gekündigter Mitarbeiter aus Gründen der späteren Versorgung und/oder aus echtem Interesse Kündigungsschutz-Klage einreichen wird. Dies setzt einen absehbaren gerichtlichen Prozess in Gang, der auch ausreichend Spielraum für außergerichtliche und gerichtliche Einigungen lässt.
Die wesentlichen Variablen innerhalb eines Verhandlungsprozesses sind vielfältig, und lohnen immer wieder einer näheren Auslotung (auf beiden Seiten):
Dazu zählen zum Beispiel steuerliche, rechtliche und budgetäre Auswirkungen. Aber auch Flexibilität, die einen Wert (meist für die Abreitnehmerseite) darstellen könnte, oder einfach persönliche Präferenzen und Interessen der Verhandlungsparteien.
Das Timing der Optimierungsschritte kann unter den genannten Dynamiken entscheidend sein, ebenso wie ein ganz zentraler Punkt, der meist verdrängt wird:
Die emotionale Wirkung der Schritte und des Prozesses insgesamt auf die Beteiligten.
Die klare Empfehlung ist daher immer wieder:
Lassen Sie im Zweifel Dritte für sich verhandeln, nicht nur im Sinne Ihrer Nervenschonung. Nein, ein Profi ist emotional weniger involviert, hat Erfahrung und kann Sie in Ihrem Sinne zielführend unterstützen, und sichert Ihnen so zufriedenstellende Ergebnisse.
Sie wollen das Thema gerne mit mir näher besprechen?
Sehr gerne – schicken Sie mir hier eine Nachricht.
© Christoph Kuzinski, Februar 2022