Wohin gehen unsere Mitarbeiter? Wie finde ich geeignete Kräfte? Diese Frage scheint im Moment eine…
Die Goldene Brücke in einer Verhandlung: Wenn Gesichtswahrung zählt
Welcher Verhandlungsprofi hätte es nicht schon erlebt:
Die Situation in einer Verhandlung ist verfahren, beide Seiten haben sich exponiert, die Unterschiede in den Positionen scheinen unüberwindbar. Der anderen Seit eine „goldene Brücke“ zu bauen könnte eine Lösungsmöglichkeit sein.
Woher die Redensart und die Metapher der „goldenen Brücke“ kommt
Der Begriff der „goldenen Brücke“ geht auf eine alte Kriegstradition zurück, nach der man den geschlagenen und nun flüchtenden Feind nicht weiter bekämpfte, und ihm zur Not sogar Brücken zum Rückzug baute. Warum?
Nun, eine Verzweiflungsschlacht des unterlegen, geschlagenen Gegners mit unnötigen weiteren Verlusten auf beiden Seiten kann so vermieden werden. Das Ziel der Schlacht war ja erreicht.
Heute, und übertragen auf die heutige Geschäftswelt ist das Verständnis einer goldenen Brücke noch etwas erweitert:
Sie bieten Ihrem Gegenüber die Möglichkeit einen Ausweg aus einer schwierigen Situation.
Sei es ein gesichtswahrender Rückzug oder einer nützlichen Betrachtung, um entweder ein Ergebnis in einer Verhandlung erzielen zu können oder die Beziehungsebene wieder zu „reparieren“.
Es wird nicht das Verhandlungsobjekt verändert, nicht der Kuchen vergrößert, aber ein für die andere Seite gangbarer Weg gefunden, sich zurückzuziehen oder einander entgegenzukommen.
Wo und wann „goldene Brücken“ ein besonders wirksames Mittel sind:
1. In verfahrenen Situationen:
In der geschäftlichen Praxis wird eine goldene Brücke meist am Ende langwieriger Verhandlungsprozesse genutzt. Bei fortgeschrittener Eskalation („Showdown“) finden die Runden dann häufig im Entscheiderkreis statt, und können dann zu Durchbrüchen führen.
Ganz besonders dann, wenn die Positionen verhärtet sind oder waren. Auf dem Parkett der internationalen Politik finden Sie häufig ausgezeichnete Beispiele dafür.
Oft haben sich beide Parteien so stark exponiert, dass ein Zurück oder Zugehen auf die andere Seite unmöglich ist. Es wäre mit einer Niederlage gleichzusetzen, und ist mit einem Gesichtsverlust dieser Partei verbunden.
2. Im Abschluss und dessen Beurteilung:
Neben der Frage ob und wie ein Verhandlungsabschluss bei verfahrenen Positionen zustande kommt, ist im Nachgang für das Image der beiden Parteien entscheidend, wie darüber gesprochen wird:
– Wer gilt als Gewinner / Verlierer?
– Welche Partei hat welche Erfolge erzielt und seine Ideen und Position durchgesetzt?
– Wer bekommt das größere Stück des Kuchens?
– Wie sieht die Beziehungsebene nach der Verhandlung aus?
Die mögliche Darstellung und Beurteilung ist ebenfalls eine Frage der Gesichtswahrung, und die ist nicht nur für bestimmte Kulturen im Kontext internationaler Verhandlungen wichtig.
Nein, je nach Persönlichkeitstyp, Organisation und öffentlicher Sichtbarkeit, wird die Bedeutung dieser Kommunikation regelmäßig unterschätzt.
Das praktische Vorgehen anhand einiger Anwendungsbeispiele:
– Im Falle offengelegte Lügen und Täuschungen:
Könnten Sie dem Gegenüber als goldene Brücke eine plausible Erklärung oder Entschuldigung für die vormals falsche und / oder nun andere Sichtweise oder Darstellung anbieten, die einfach übernommen werden kann?
Ein Muster-Beispiel: „Sie waren in Ihrer Behauptung / Analyse doch sicher davon ausgegangen, dass…. Wie wir nun festgestellt haben, ist aber …. der Fall, daher …. Die Bezeichnung eines Missverständnisses erzeugt eine ähnliche Dynamik, und natürlich wäre ein solches Vorgehen auch für andere Taktiken, die genutzt wurden, anwendbar.
– Eine andere Form der goldenen Brücke ist, dass Sie Ihr Stillschweigen über Zugeständnisse der Gegenseite anbieten.
Sie glauben gar nicht wie viele internationale Verträge Nebenabsprachen enthalten, die nie die Ohren oder Mikrofone der Öffentlichkeit gefunden haben. Einige doch sehr wachsweich klingende, unpräzise Formulierungen vor der Presse sind die maximale Andeutung dazu. Große internationale Abrüstungs- und Friedensverträge enthalten solche Klauseln, die erst Jahrzehnte später bekannt wurden.
– Liefern Sie Ihrer Gegenseite Argumente, die sie für sich nutzen kann, um Ihren Vorschlag intern „verkaufbar“ bzw. inhaltlich vertretbar zu machen.
Denken Sie daran, dass die Verhandler der Gegenseite das Ergebnis intern argumentieren müssen, so auch, warum Sie der finalen Lösung zugestimmt haben, und häufig, warum Positionen aufgegeben wurden.
Ergänzende Techniken:
– Eine goldene Brücke kann durch eigene Würdigung des Ergebnisses und der Qualität des Ablaufes ergänzt werden:
In der Kommunikation des Abschlusses könnten Sie darauf hinweisen, dass Ihr Gegenüber hart aber fair verhandelt hat. Oder auch wie wertvoll und vorteilhaft der Abschluss für den Verhandlungspartner ist, und letztlich wie groß doch Ihre Zugeständnisse waren.
Wenn Sie mehr über die Anwendung von goldenen Brücken erfahren wollen und an weitern Tipps für Verhandlungsprofis und der Meisterung schwieriger und komplexer Verhandlungssituation interessiert sind, empfehle ich Ihnen mein Buch:
Verhandeln mit Empathie und Strategie ist im Handel, beim Verlag, über Amazon oder direkt hier bei mir beziehbar.
© Christoph Kuzinski, Oktober 2021