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Winner's curse

Der Fluch des Gewinners in Verhandlung und Auktion

Haben Sie das bereits erlebt?
Sie kommen aus einer Verhandlung, haben eine guten Abschluss erzielt, und es ging so einfach und schnell, dass Sie denken:
Mensch, da wäre doch sicher noch mehr drin gewesen.

Oder kennen Sie das:
Sie haben einer Ausschreibung teilgenommen und haben über mehrere Gebotsrunden den Deal am Ende bekommen. Jetzt zweifeln Sie letztlich, ob dieser Deal überhaupt noch lukrativ oder sinnvoll ist.

Dann haben Sie ihn schon erlebt: Den Fluch des Gewinners, oder Winner’s Curse, wie man im Englischen sagt.

Der Fluch des Gewinners definiert:

Beginnen wir mit einer kurzen Definition, um was es beim Phänomen des Fluchs des Gewinners geht. Wikipedia sagt uns dazu:

„Der Fluch des Gewinners …. beschreibt den Effekt, dass der Meistbietende in Versteigerungen bei unvollständiger Information systematisch einen zu hohen Preis zahlt. Der Fluch des Gewinners gehört zum Bereich der Auktionstheorie und zur Verhaltensökonomik.“ Die Definition deutet bereits an, dass es mehrere Facetten zu diesem Phänomen gibt.

Um das Thema besser für die Praxis besser zu verstehen benötigen hierzu noch eine weitere Definition zum Objekt der Auktion oder Verhandlung. Das ist die Unterscheidung nach Common Value, der für alle Beteiligten gleich (aber nicht zwingend bekannt) ist, und dem Private Value. Dieser repräsentiert den persönlichen Nutzen oder Wert, den ein Bieter aus dem Besitz Objekt ziehen kann, der natürlich häufig unterschiedlich ist.

Wie kommt die Überschätzung des Common Values zustande?

Um zu überprüfen, ob die Überschätzung systematisch ist, gibt es das folgende klassische Experiment:
Man fülle ein großes Glas mit 1-Cent-Stücken, und versteigere den Inhalt des Glases. Der Gesamtwert (Common Value) ist für alle gleich, aber nicht bekannt. Damit ist die Information unvollständig, Die Höchstgebote (Limite oder Indifferenzpreise) werden sich also um die durchschnittliche Schätzung der Bietergruppe verteilen. Es wird der Bieter gewinnen, der das höchste Gebot hat, also der Ausreißer nach oben ist. Das stellt die genannte systematische Überschätzung dar, die nachvollziehbar und experimentell nachweisbar ist. Soweit die verkürzte Betrachtung aus der Auktionstheorie. Das erklärt allerdings nur einen Teilaspekt des Fluchs des Gewinners: Denn es gibt noch wichtige psychologische Komponenten, und hier kommt die Verhaltensökonomik ins Spiel.

Die Verhaltensökonomik untersucht unser Denken und Handeln auf Rationalität, und erforscht dabei Fehler und Irrtümer in unserem Denken. Diese gründen sich meist auf automatisierte Neigungen zu denken und Schlussfolgerungen zu ziehen (Heuristiken) und Verzerrungen unsere Wahrnehmung, Emotionen und unbewussten Bewertungen, die wir vornehmen (kognitive Verzerrungen / Cognitive Biases).  Der Fluch des Gewinners zählt inzwischen zu den bekannten kognitiven Verzerrungen, und spielt auch eine Rolle in Verhandlungen.

Der Schlüssel zum Verständnis liegt in der emotionalen Bewertung des Ergebnisses

Um die nicht-rationale Dimension besser zu verstehen, machen wir uns bewusst, wie sich der Gewinner der Auktion fühlt:
Er ist systematisch unzufrieden, obwohl er gewonnen hat, da das Auktionsobjekt weniger wertvoll ist, als er geschätzt hat, oder der vermeintliche Gewinn zu einem Verlust wird.

Auch der Verhandler, der zu schnell bekommen hat, was er wollte, ist unzufrieden. Die instinktive emotionale Bewertung suggeriert, dass mehr zu holen gewesen wäre. Damit drängen sich oft automatisch Fragen auf wie:

Wusste die andere Seite mehr über das Verhandlungsobjekt?
Hat das Ergebnis größeren Mehrwert (Private Value) für die andere Seite als für mich?
Habe ich den Wert des Verhandlungsobjektes und meine Möglichkeiten falsch eingeschätzt?

Diese Frage deuten übrigens schon an, wie der Fluch des Gewinners in diesen Fällen zu vermeiden wäre, und das erfordert gute Vorbereitung und Abklärungen von Interessen und Sachverhalten. Gleichzeig hilft ein Blick darauf, was uns emotional antreibt, z.B. mehr zu bieten als sinnvoll.

Nebenbei: Der weitere Umgang mit dem Fluch des Gewinners ist dann aus Sicht der Verhaltensökonomik genauso klassisch: Wir reden uns das Ergebnis „schön“. Man spricht dann von der „Post-Purchase-Rationalization“. Für unsere emotional getriebene oder unbewusst getroffene Entscheidung überlegen wir uns im Nachhinein gute Begründungen….

Mehr zum Fluch des Gewinners in Verhandlung und Auktion

Wenn Sie sich näher damit beschäftigen wollen, wie Sie z.B.  den Fluch des Gewinners als Teilnehmer einer Auktion vermeiden, empfehle ich meinem Taschenguide zum Thema kognitiver Verzerrungen. Unter dem Titel „Denkfallen vermeiden“ ist er hier bei Amazon erhältlich.

Zum bewussten Umgang mit dem Phänomen in Verhandlungen und als Veranstalter von Auktionen bzw. Ausschreibungen können Sie gern in meinem Buch Verhandeln mit Empathie und Strategie“ mehr nachlesen. Kontaktieren Sie mich dazu direkt hier für eine Bestellung.

©Christoph Kuzinski, 2021

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